Nachdenken über Ron Diva

Ostwestfälisches Understatement, gepaart mit echter Leidenschaft: Der Bielefelder Singer-Songwriter Ron Diva unterhielt bei seinem Solo-Auftritt zum Auftakt der neuen Wohnzimmerkonzertreihe "21 Grad" im Foyer des TOR 6-Theaterhauses mit emotionalen Songs und liebenswerten Schnurren aus seinem Musikerleben. (Foto: Antje Doßmann)

Mit  “21 Grad – Eine Wohnzimmerbühne für Singer/Songwriter/Liedermacher im TOR 6 Theaterhaus” hat Ron Diva ein neues Konzertformat in Coronazeiten geplant. Bevor er am 6.10. mit dem Iren John Blek seinen ersten Gast empfangen wird, trat der Bielefelder Singer-Songwriter am Donnerstagabend vor momentan naturgemäß ausgedünntem Publikum jedoch erst einmal selbst auf die Bühne.

Neue und alte Lieder standen auf dem Programm und machten deutlich, dass der Kontrast zu John Blek, der seit 7 Jahren jährlich ein Album auf den Markt bringt, zu seinem eigenen Schaffen kaum größer sein konnte. Denn Ron Diva lässt sich Zeit mit neuen Alben. Bislang vergingen jeweils vier Jahre, bis Fans des im ostdeutschen Barlach-Städtchen Güstrow aufgewachsenen, im Alter von 12 Jahren mit der Familie nach Bad Salzuflen ausgereisten Sängers eine neue Scheibe in den Händen halten konnten. Diese bedachtsame Ruhe im Betriebsablauf ist typisch für Ron Diva. Mit Schnellschüssen und permanenter Marktbefeuerung hat der Künstler, der sich immer mehr mit seiner Rolle als Anti-Star zu arrangieren scheint, wenig am Hut. Dafür ist ihm, der 2009 mit seinem Auftritt im kultigen Schellfischposten bei “Inas Nacht” einen erstaunlichen Medien-Treffer landen konnte, der ganze oberflächliche Branchenrummel viel zu suspekt.

Die schöne Kunst, sich selbst treu zu bleiben

Denn ja, es hätte ein echtes Sprungbrett sein können, als die gnadenlose Selbstdarstellerin Ina Müller damals seinen Song  “Sonnenschein” vom Debütalbum “Ron Diva” zu ihrem absoluten und sie zu Tränen rührenden “momentanen Lieblingslied” erklärte, um es mit ihm zusammen ins Mikro zu schmachten. Wurde es aber nicht. Warum, weiß eigentlich keiner so genau. Der Musikmarkt hat eben seine eigenen Gesetze, und vielleicht war das ja auch ein Glück für den in Bielefeld lebenden Ron Diva. So muss niemand aufstöhnen, wenn sein Name im Radio fällt und hektisch am Sender drehen, weil das, was Leute wie Mark Forster, Philipp Poisel und wie sie alle heißen, dort veranstalten, das klassische Singer-Songwriting dermaßen verwässert, dass es nur noch zum Weghören ist. Statt dessen können wir uns weiter an Ron Divas authentisch gebliebenen, perfekt unperfekten Songs erfreuen. Die ja auf ihre eigene stille Weise immer besser werden, wie das 21 Grad-Premierenkonzert bewies.

Denn Ron Diva spielte neben bemerkenswert vielen Stücken vom Erst-CD-Album, die noch immer (oder heute wieder) erstaunlich gut funktionieren, und einigen wenigen  Songs vom rockigeren Bandalbum-Nachfolger “Im Westen der Stadt” sowie dem 2017 erschienenen “5 Songs” eine Reihe von neuen Werken, die aufhorchen ließen. Sowohl was die Arrangements betraf als auch die Texte. Die schmerzlich-schwelgende Jugend-Erinnerung “Manches oder manch einer” gehörte dazu, das unter die Haut gehende “Du weißt” und auch das Lied, das den gemütvollen, dank Ron Divas schnoddrig-selbstironischen Zwischendurcherzählungen überaus unterhaltsamen Abend abrundete.

Pfeffer und Salz

“Pfeffer und Salz” hieß dieser Abschluss-Song und hatte das nach all den Jahren Unterwegssein auf mittleren, kleinen und kleinsten Bühnen nicht müde gewordene Credo des passionierten Singer-Songwriters zum Inhalt, noch immer genau das zu tun, was ihm am Herzen liegt. Nämlich an der Gitarre von großen und kleinen Gefühlen zu erzählen und vor allem davon, warum das mit der Liebe einerseits so einfach ist und andererseits so schwer.

Und auch wenn Ron Diva selbst jedes Mal die Stirn runzelte und ein wenig vor sich hinfluchte, wenn er sich zum Spielen hinsetzen musste, weil Text und Begleitung dieser neuen Kompositionen noch nicht ganz so sicher saßen wie bei den altvertrauten, so konnten sich die Zuhörenden doch sicher sein, dass im Anschluss etwas besonders Gelungenes folgen würde. Auf das neue Album, das im kommenden Jahr erscheinen dürfte, wenn Ron Diva seinem 4-Jahresrhythmus so treu bleibt, wie er sich selbst treu bleibt, darf man also in aller Ruhe gespannt sein.

Am 6. Oktober um 20 Uhr wird John Blek zu Gast bei Ron Divas “21 Grad” sein und sein neues Album “The Embers” (“Die glühenden Kohlen”) vorstellen. Anmeldung und Kartenvorbestellung unter: www.kulturoeffner.de

Antje Doßmann

Autor*in: Antje Doßmann

Die Antje...kann über gelungene Kunst-Taten ins Schwärmen geraten, und dann rette sich von ihr aus wer will. Den anderen wünscht sie beim Lesen ein heißes Herz und einen kühlen Kopf.