Sonnenstrahl und Schattenwurf

Die Direktorenvilla im Bielefelder Ravensberger Park (Foto: Ulrich Schmidt)

27 Jahre und 11 Monate lang hat Hildegard Wiewelhove am Bielefelder museum huelsmann gearbeitet. Nun nimmt sie ihren Abschied. Anlass für einen würdigenden Rückblick. “Sonnenstrahl und Schattenwurf”, so wurde unter ihrer Ägide einst eine Ausstellung überschrieben. Worte, die sich auch gut übertragen lassen auf die Zeit ihres Wirkens und vor allem die Bedingungen, unter denen sie im Amt waltete. Welchen Schatz die Stadt mit dem von ihr geleiteten Museum überhaupt hat, ist vielen bis heute nicht bewusst. Das hat eine Reihe von Gründen, denen es nachzuspüren gilt.

Der Reihe nach. Zunächst: Bielefeld ist eine  Stadt mit zwei Kunstgewerbemuseen. Eine Rarität. Da gibt es in der Innenstadt, Am Bach 19, das Deutsche Fächer Museum Stiftung Barisch, und dann die Kunstgewerbesammlung der Stadt Bielefeld, museum huelsmann im Ravensberger Park. Während das Fächer Museum von einer privaten Stiftung betrieben wird, verhält es sich mit dem museum huelsmann etwas anders.

Die Anfänge

Der gebürtige Bielefelder Friedrich Karl August Huelsmann führte gemeinsam mit seiner Frau Gertrud Agathe Elisabeth in Hamburg eine renommierte Antiquitätenhandlung. Deren Bestand fiel 1984 qua Erbfall an die Stadt Bielefeld. Auf die Frage, wie die damals den Stadtrat dominierende SPD zur Annahme des Erbes gewonnen werden konnte, gab Hiltrud Böcker-Lönnendonker, seinerzeit nicht nur in der städtischen Kulturpolitik, sondern auch in der Partei eine starke Stimme, zur Antwort: „Ist Geschichte“. Vermutlich gab es damals mehr Menschen als nur Hiltrud Böcker-Lönnendonker, die für die Annahme des Erbes plädierten, aber die pointierte Antwort erzählt auch etwas von der damaligen Stimmung in Sachen Kultur in Bielefeld.

Verbunden mit der Annahme des Erbes war freilich die Verpflichtung, die Sammlung öffentlich zu zeigen. Und die schlummerte trotzdem – von Ausnahmen abgesehen – erst mal im Keller der Kunsthalle einen wohlbehüteten Schlaf. Dort lagerte auch schon der Nachlass der Schriftstellerin Hertha König, die nach dem Krieg auf Gut Böckel eine kleine, aber beachtliche Sammlung von Kunstwerken und Antiquitäten zusammengetragen hatte. Aus diesem Dornröschenschlaf erweckte Maja Oetker, seinerzeit Ratsfrau für die BfB, die Sammlung und machte der Stadt Beine, die mit Annahme des Testaments verbundene Verpflichtung endlich mal anzugehen. Zur Beschleunigung wurde ein Förderkreis gegründet, der eine Stiftung Huelsmann ins Leben rief und den Betrieb des Museums mit 1,1 Million DM unterhalten wollte. Die Stadt ihrerseits sollte zuständig sein für die Personalkosten. In einem zeitgenössischen Artikel im Bielefelder Stadtblatt liest man, dass der damalige Oberstadtdirektor Volker Hausmann Ende Januar 1992 „mit Familie Oetker geheime Verhandlungen führt in Sachen Huelsmann. Es geht um einen namhaften Betrag, mit dem endlich die testamentarische Verpflichtung zur öffentlichen Präsentation der Sammlung verwirklicht werden soll. Aus ursprünglichen 2 Mio. DM werden schließlich 1,1 Mio. DM“.

Es dauerte dann ein wenig, bis via Satzung klar war, dass die Kombination – Stadt hier, Förderkreis da – keinen Privatverein darstellt, in dem einer den Ton angibt. Ein  paritätisch besetztes Kuratorium leitete die Stiftung über all die Jahre. Zwar gab es seit 1987 mit Dirk Syndram einen Kustoden, der in der Stadtfiliale der Sparkassen nicht nur eine Art Kleinmuseummit viel Bravour bespielte, sondern auch z.B. einen hervorragenden Katalog herausbrachte, der sich mit den wissenschaftlichen Instrumenten und Sonnenuhren der Sammlung Huelsmann beschäftigte. Die Wunderwerke filigraner Technik vergangener Jahrhunderte, ohne die heutige Präzisionsinstrumente nicht denkbar sind, kann man im Untergeschoss der Direktorenvilla bewundern. Sollte man tun.

Endlich ein Dach über dem Kopf

Und damit ist schon das Haus benannt, in dem die Sammlung untergebracht ist. Eine Sammlung mit Kunstwerken von der Renaissance über Barock bis hin zum Klassizismus, von der Hildegard Wiewelhove im Stadtbuch Bielefeld 2014 schreibt, dass dieser Bestand durchaus „die Ahnung einer fürstlichen Schatzkammer“ vermitteln kann. Doch bevor es dazu kam, musste erst einmal das Haus und dessen Finanzierung gefunden werden. Hinter der dank einer Bürgerinitiative vor dem Abriss geretteten Ravensberger Spinnerei fand man die Direktorenvilla. Sie wurde nach Plänen des Frankfurter Architekten Prof. Ernst Ulrich Scheffler – Architekt des Städel Museums – mit schmalem Bielefelder Etat sowie Zuschüssen von Land und Landschaftsverband und mit Hilfe großzügiger Sach- und Geldspenden museumsmäßig hergerichtet.

Blick auf die Direktorenvilla aus dem Turm der “Weißen Villa” (Foto: Ulrich Schmidt)

Denn das versteht sich in Bielefeld: lippischer Fleiß und Gewerbesinn verleiten nicht zu üppigen Etats. Außerdem hatte es seinerzeit rabiate Sparrunden im Stadthaushalt gegeben. 1995 wurde die Wunderkammer eröffnet hauptsächlich bestehend aus dem Huelsmannschen Erbe und erweitert um Teile des Königschen Nachlasses sowie aus dem Eigenbestand der Stadt,. Eigentlich war das Haus bei der Eröffnung schon zu klein, denn für Wechselausstellungen, die ja zum Programm eines Museums gehören, war fast kein Platz vorhanden. Aber erst einmal waren alle froh, dass man das geschafft hatte.

Nachdem Dirk Syndram Anfang 1993 an das Grüne Gewölbe nach Dresden wechselte, kam Hildegard Wiewelhove. Gekommen um zu bleiben? Von Berlin nach Bielefeld!? Bei Insidern hieß es – und das wurde ihr natürlich unter die Nase gerieben – das Museum sei eines “im Koffer”. Unterton: Willst du dir das wirklich zumuten? Sie wollte. Die im Vorstellungsgespräch seitens der Stadt erklärten Pläne klangen ihr plausibel und die Aufgabe interessant genug. Schließlich galt es, die Direktorenvilla umzubauen auf Museumsbedürfnisse, den Rundgang durch die Sammlung zu planen und – neudeutsch – die Corporate Identity zu erzeugen, also den Auftritt in und für die Öffentlichkeit zu gestalten. Und sie traf ja auch auf Leute, die das Gleiche wollten: das Museum.

Und so gab es denn im Juni 1995 in der Karderie, dem Ausstellungsraum des benachbarten Historischen Museums, eine lippisch prunkvolle Eröffnung. Ein Dilemma bestand freilich von Anfang an: das Haus war bestückt mit Kunstgewerbe und Kunstwerken aus der Zeit vor 1900. Da lag es nahe, sich zu verbieten, Kunstgewerbe – später dann auch Design – nach 1900 ebenfalls in diesem Haus zu zeigen. Damit das auch ja nicht vorkommt, wurde es in der Stiftungssatzung festgeschrieben. Das war aber zunächst ohnehin kein Problem. Denn mit dem, was nicht in der Dauerausstellung untergebracht werden konnte, hat Hildegard Wiewelhove den Spitzboden in der Direktorenvilla bestückt. Die Enge dieses Raumes bekam auch der Autor dieses Artikels zu spüren, als er 2006 eine Ausstellung zur Geschichte des Bielefelder Theaters kuratieren durfte.

Aber immerhin bekam man dort oben u.a. eine Ausstellung mit Kaffeetassen und –Services aus der Biedermeierzeit zu sehen oder „Lustvolle Werke der Fantasie“, eine Ausstellung zu Form und Dekor im 18. Jahrhundert. Oder eben „Sonnenstrahl und Schattenwurf“, eine Ausstellung mit Sonnenuhren vom Taschenformat bis Gartengröße. Dazu gehörten aber auch – auf der weniger kommoden Seite der Objektgeschichte – sogenannte Setzwaagen, mit denen man Geschütze treffsicher justieren konnte. Kurzum, es gab genug zu tun, den nunmehr öffentlich vorstellbaren Schatz auch tatsächlich zu zeigen.

Die Eroberung der “Weißen Villa”

Nachdem die Sammlung nun vom „Koffer“ ins Museum umgesetzt war, strebte Hildergard Wiewelhove zu neuen Ufern. Direkt gegenüber vom Museum stand und steht ein Gebäude, das nicht nur ungenutzt aussah, sondern es auch war. Und das, so meinte sie in ihrer Unvoreingenommenheit, müsste doch nutzbar zu machen sein für die Verwaltung des Museums, für eine dazugehörige Bibliothek. Als gebürtige Münsterländerin – in Telgte stand ihr Geburtshaus – kannte sie natürlich die Schwerbeweglichkeit der Westfalen. Aber sie hatte immer das Kuratorium der Stiftung, das über Wohl und Wehe vor allem des Stiftungskapitals zu achten hatte, hinter sich. Und sie wusste, dass es mit Hauruckmentalität nicht geht. Obwohl sie schon gelegentlich zur Verzweiflung neigte angesichts ostwestfälisch-lippischen Veränderungswillens und -tempos. Dennoch. Im Herbst 1997 wurde die Remise eröffnet. Endlich hatte nicht nur die Museumsverwaltung anständige Arbeitsräume, es gab darüber hinaus für die gut bestückte Bibliothek sowie für die Sitzungen des Kuratoriums einen Raum, der außerdem auch für besondere Veranstaltungen genutzt werden konnte.

Denn das war Hildegard Wiewelhove auch klar: Das Museum allein lockt nach einiger Zeit nur noch Enthusiasten. Außerdem hatte sie ja noch genug Ideen, wie man das Museum ins Stadtgespräch bringen kann. So etablierte sie neben den obligatorischen Führungen durch die Ausstellungen Begleitveranstaltungen und Lesungen, die bei einem breiteren Publikum gut ankamen. Und als dann 1999 der Nannette-Streicher-Flügel, eine Rarität, Platz im Museum fand, gab es zusätzlich Musikabende. Heiraten kann man mittlerweile auch im Museum – eine Möglichkeit, die gern genutzt wird, denn stilvoller als im Standesamt ist es allemal. Vor allem bei schönem Wetter mit einem Glas Sekt im Museumspark.

Die “Weiße Villa” (Foto: Ulrich Schmict)

Doch damit war die Energie der Museumsleiterin noch nicht erschöpft. Längst schon hielt sie Ausschau nach einem Ausstellungsort für die Abteilung Kunstgewerbe nach 1900/Design. Wenn sie von ihrem Bürostuhl aus nach links aus dem Fenster schaute, fiel ihr Blick auf ein „merkwürdiges“ Haus. Von außen nahezu quadratisch mit einem verglasten Turm. Da sollte doch was zu machen sein… Erkundigungen bei der Stadt ergaben dass das Haus vermietet ist. Na gut, dachte sie sich da wohl, das kann dauern, aber träumen wird man ja schon mal dürfen. Aber anders als Karl Valentin, der einst zu dem Schluss kam: „Mögen hätt‘ ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut“, traute sie sich. Und als das Haus frei wurde, stand sie gewappnet bereit, hielt einen durchdachten Plan vor sich und wusste das Kuratorium im Rücken.

Es war der damalige Kuratoriumsvorsitzende Eberhard Munzert, der diesen Plan zur Erweiterung des Museums dann eines Tages öffentlich vorstellte. Und überraschte damit vor allem die Stadt. Die hob – natürlich – abwehrend die Hände: Unseren Segen habt ihr, aber nicht unser Geld! Das war den Akteuren von vornherein klar. Und so wurde der Förderkreis Stiftung Huelsmann wieder aktiv, dessen ehrenamtliche Arbeit von Anfang an bis heute nicht nur in finanzieller Hinsicht äußerst effektiv ist. Der Architekt Professor Schürer entwarf und zeichnete die Pläne für den Umbau zur nunmehr so genannten „Weißen Villa“.

Währenddessen recherchierte Hildegard Wiewelhove zur Baugeschichte des Hauses. Interessantes kam dabei heraus. Die Villa ist ein signifikanter Bau in der Art einer Potsdamer Turmvilla, inspiriert durch den italienischen Landhausstil. Eine signierte Zeichnung des preußischen Hofarchitekten Ferdinand von Arnim lässt vermuten, dass es sich bei der Vorlage für die Villa um ein Landhaus bei Potsdam handelt. 2005, zum zehnjährigen Jubiläum des Museums, fand die Einweihung statt. Nunmehr war das Museum komplett. Im Keller der Weißen Villa ist der historische Anschluss an die Sammlung in der Direktorenvilla zu besichtigen, im Hochparterre ist Raum für Wechselausstellungen zu Kunst und Design, und im Obergeschoss gibt es ein Schaudepot mit Exponaten zu Design im 20. Jahrhundert. Das kann allerdings nur in Begleitung eines Museumsmitarbeiters besichtigt werden. Meisterstück und Attraktion des Hauses ist freilich der Paternoster im Treppenhaus, in dessen gläsernen Etagen Designobjekte aus allen Blickrichtungen angeschaut werden können, wenn sie langsam an Betrachterin oder Betrachter vorbeigleiten. Und dann gibt es dort oben noch einen ganz besonderen Raum. Der birgt den Nachlass des Bauhauskünstlers und –lehrers Wolfgang Tümpel.

Der Nachlass Wolfgang Tümpels

Wolfgang Tümpel hatte am Weimarer Bauhaus von 1922 – 1925.studiert. Und war nach dessen Auflösung zusammen mit anderen, unter anderem mit Gerhard Marcks, weitergezogen an die Werkkunstschule Burg Giebichenstein in Halle. Die hatte sich allerdings auch den Form- und Gestaltungsgedanken des Bauhauses angeschlossen. Und 1951 wurde Tümpel Professor an der Werkkunstschule in Hamburg, wo er dann im Geiste der in Weimar und Burg Giebichenstein gelernten Grundsätze weiter arbeitete. Das Museum Huelsmann hat ihm bislang zwei Ausstellungen gewidmet – eine 2003 zum 100. Geburtstag des Künstlers, die zweite 2019 zum 100. Geburtstag des Bauhauses. Aber die Stadt gedachte seiner schon 1973 zum 70. Geburtstag. Das damals noch existierende Kunstgewerbemuseum der Stadt richtete ihm im Waldhof, damals Domizil des 1983 geschlossenen Instituts, eine Ausstellung aus. Wolfgang Tümpel dürfte damit zu den meistbeachteten einheimischen Künstlern mit überregionaler Bedeutung gehören. Die Sichtung und Ordnung dieses bedeutenden Nachlasses wird eine der großen Aufgaben der Nachfolgerin von Hildegard Wiewelhove sein.

Revision und Restitution

Seit gut drei Jahren hat das Museum eine weitere Aufgabe in Angriff genommen. Wobei das mit dem Angriff durchaus wörtlich zu nehmen ist. Natürlich fühlt sich das Museum auch der Washingtoner Erklärung zur Restitution NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts von 1998 verpflichtet. Erste Inspektionen verleiteten zu der Annahme, die Sammlung Huelsmann sei „sauber“, sprich man habe keine Hinweise auf entsprechende Aktionen gefunden. Buchhaltung und andere Unterlagen schienen unverdächtig. Aber nachdem 2014 aus den USA eines Tages ein Restitutionsanspruch eintraf, wurde man hellhörig. Und fündig. Und da die Sache eindeutig war, wurde selbstverständlich restituiert. Man kann dazu auf der Website des museums huelsmann ein Video anschauen, das den Vorgang anschaulich erklärt. Doch was damals mit „Bordmitteln“ mühsam und zeitraubend neben dem Tagesgeschäft erledigt werden musste, wurde nun auf eine professionelle Basis gestellt.

Als eine der ersten Kulturinstitutionen in Ostwestfalen-Lippe hat das Museum Huelsmann einen wesentlichen Teil seiner Sammlung systematisch auf NS-Raubkunst überprüft. Mit finanzieller Unterstützung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste folgte es damit den Washingtoner Prinzipien, die seit 1998 international verbindlich geworden sind. Ergebnis dieser Arbeit ist die im letzten Jahr „eröffnete“ Ausstellung „Vermächtnis sucht Herkunft“.  Dr. Brigitte Reuter hatte einen Vertrag, den Bestand der Sammlung huelsmann drei Jahre lang zu untersuchen auf verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut. Und siehe da, es fand sich hier und da etwas. Wie verschachtelt eine solche Recherche in der Regel ist, ist dem schon erwähnten Video zu entnehmen.

Das Museum machte aus den Ergebnissen der Suche insofern eine Tugend, als die Sammlung umgekrempelt wurde. Alle untersuchten Objekte wurden auf einen grell-orangenen Sockel gestellt und erhielten eine Erläuterung dazu auf ebensolchem Farbgrund. Und natürlich wird es dazu einen Katalog geben. Aber da macht sich dann wieder einmal die Niedrigzinsunkultur der Banken bemerkbar: bislang konnte der Katalog nicht erscheinen wegen Geldmangels. Und dass obwohl ja gewichtige Grußworte enthalten sein werden. Da macht sich bemerkbar, worunter das Museum bislang fast durchgängig „leiden“ musste: An der Ignoranz der Stadt. Die sich allerdings im Verlauf des letzten Jahres aufgrund der geänderten Gesetzeslage zwangsläufig verwandelte. Zum Jahresbeginn hat die Stadt Bielefeld das Museum wieder unter ihre Fittiche genommen. Man wird sehen, was das bedeutet.

Prof. Hildegard Wiewelhove in der Direktorenvilla (Foto: Ulrich Schmidt)

Doch mit Hildegard Wiewelhove hat das nichts mehr zu tun. Denn sie ist mit Ablauf des Monats März in den Ruhestand gegangen. Mit der Teilnahme an Symposien, dem Verfassen von Aufsätzen für andere Museen, nicht zuletzt mit der Übernahme eines Lehrauftrages an der FH Bielefeld hat sie ihre Vielfältigkeit mehr als einmal unter Beweis gestellt.

Kein leichtes Erbe

Die Personalausstattung ist ein wunder Punkt des Museums. Die meisten Mitarbeiter sind auf Teilzeit beschäftigt. Fluktuation garantiert. Die wenigen Festangestellten sind in ihrem Aktionsradius deswegen begrenzt. Das macht sich vor allem immer dann bemerkbar, wenn Ausstellungen vorbereitet und eröffnet werden müssen. Und ebenso, wenn sie wieder abzubauen sind. Apropos Ausstellungen: Die kosten Geld. Und das wurde mit der Zeit immer weniger, obwohl das Grundkapital der Stiftung – zur Erinnerung: 1,1 Mio. DM = 562.419 € – unverändert besteht. Aber es warf und wirft in Zeiten der Nullzinspolitik recht wenig bis gar nichts ab. Obwohl in den Zeitungen immer wieder von finanziellen Problemen von Stiftungen zu lesen war, ist in dieser Zeit erstaunlicherweise niemand auf die Idee gekommen, dem darbenden Stiftungsetat ein wenig oder auch mehr auf die Beine zu helfen. Mit der Folge, dass die Zahl der Ausstellungen reduziert werden musste und ein Katalog samt Plakat, wenn überhaupt, nur herauskommen konnte, wenn genügend Spenden zusammen kamen.

Am Anfang war die Rede von der “Sammlung im Koffer”. Und von einer Museumsleiterin ohne Haus. Seit einem Jahr hat die Museumsleiterin Hildegard Wiewelhove ein Haus in Quarantäne. Und darin einerseits die Ausstellung zur Provenienzforschung in der Direktorenvilla sowie in der Weißen Villa eine zu 25 Jahre Museum Huelsmann. Nein, die Exponate unterliegen keiner Ansteckungsgefahr. Aber ein Museum, in das ein Jahr keine Besucher gehen, ein Museum, das ein Jahr keine Veranstaltung – Führung, Lesung, Empfang oder was auch immer – durchführen kann: ist das eigentlich noch ein Museum? Eine Frage, die für alle anderen Museen genau so gilt.

Aber unter solchen Umständen den Arbeitsplatz verlassen? Das Haus übergeben? Das ist schon sehr bitter. Es wird ja auch – wie sonst üblich – keine mehr oder minder rauschende Abschiedsparty geben. Hildegard Wiewelhove wird nach der Abgabe des Schlüssels einen Blumenstrauß und ein paar warme Worte bekommen. Und das war’s dann für eine, die gekommen ist, um zu bleiben. 27 Jahren und 11 Monaten lang. Aber festzuhalten gilt, zumindest hier, an dieser Stelle, dass Hildegard Wiewelhove in dieser Zeit in und mit und für ein Museum gearbeitet hat, das sicherlich eines der schönsten in weitem Umkreis ist und Bielefelds Namen in guter Weise verbreitet hat. Chapeau!

Autor*in: Uli Schmidt

Seit langem bekannt als "Der Kulturbote" aus Ostwestfalen: So empfängt Uli Schmidt heutzutage seine Gedankenblitze.