Und dennoch ist wieder Weihnacht

Unglaublich, aber wahr: wieder ist es Weihnachten. Und wieder gibt sich eine in weiten Teilen säkularisierte Gesellschaft in einer Mischung aus Achselzucken, Zähneknirschen, aber mitunter auch still wieder entfachter Glut dem christlichen Festgebrauch hin. Warum machen wir das? Was ist so bindend an dieser Tradition?

Es scheint, dass das Bedürfnis innezuhalten und den Frieden auf Erden zu beschwören, noch immer größer ist als die Resignation angesichts einer vollkommen desolaten Welt. Und das ist gut so. Gut, sich wenigstens an die alten Lieder zu erinnern, solange uns keine neuen einfallen. Denn diese sangen von Liebe und Barmherzigkeit, Hoffnung und Mitmenschlichkeit

Wenige Chöre wagen den Auftritt in diesen Tagen. Die “Chit Chat Company” gehörte dazu und hatte eine ganze Reihe tiefchristlicher Vertonungen im Programm, als sie am 3. Advent unter 2 G plus-Bedingungen in der gut besuchten Bielefelder Johanniskirche beherzt und trotzig ihr traditionelles Vorweihnachtskonzert gaben. “Es kommt ein Schiff geladen” sangen sie zum Beispiel. Locker arrangiert zwar, aber dennoch, nicht zu überhören die Zeilen des aus dem 15. Jahrhundert stammenden Chorals: “Sein Segel ist die Liebe/der heilige Geist sein Mast.” Wie sind diese Worte zu übersetzen in die heutige Zeit? Man hätte von dem eigentlich sehr auskunftsfreudigen Chor gerne ein paar Einlassungen dazu gehört.

Die fröhliche Truppe unter der Leitung von Andreas Gummersbach verzichtete jedoch darauf zugunsten jener schwebenden Leichtigkeit, die kennzeichnend ist für die seit über 30 Jahren bestehende Company. So war wenigstens die Pandemie und ihre drückende Last für die Dauer von anderthalb Stunden vergessen, und das ist immerhin ein Wert an sich.

Es war schließlich Andreas Gummersbach selbst, der neben den bewegenden Soli aus den Reihen seines Chors, zusammen mit dem Pianisten Matthias Kämper für Sternminuten an diesem Abend sorgte. Seine Improvisation zum “Westfälischen Tannenbaumlied” ging dermaßen unter die Haut, dass man mit einem Kulturhochgefühl nachhause ging.

Andreas Gummersbach und Mathias Kämper bei ihrer diesjährigen, schon traditionellen Improvisation Foto: Antje Doßmann

Wir brauchen solche Momente so sehr! Mögen sie sich im kommenden Jahr wieder häufen. Und möget Ihr alle, die Ihr den “Resonanzen” in diesem schwierigen Jahr 2021 verbunden geblieben seid, ein an schönen Gedanken, guten Taten und wertvollen mitmenschlichen Begegnungen reiches Weihnachtsfest erleben. Danke für Eure Treue!

Antje Doßmann

Autor*in: Antje Doßmann

Die Antje...kann über gelungene Kunst-Taten ins Schwärmen geraten, und dann rette sich von ihr aus wer will. Den anderen wünscht sie beim Lesen ein heißes Herz und einen kühlen Kopf.