Schutz und Widerstand

Schaufenster der Galerie in der Stapenhorststr. 73, in der derzeit die Ausstellung "Übersichtlich" von Anne Hansen zu sehen ist. Foto: Christine Halm

Wie Schilde sind sie aufgestellt, zu dritt im Schaufenster: die Exponate der Werkgruppe „Rost“ von Anne Hansen, die derzeit unter dem Motto „Und abends schauen wir uns Kunst an“ in der Galerie des Künstlerinnenforums in der Stapenhorststraße 73 zu sehen sind. Da derzeit immer noch keine Begehungen und direkte Begegnungen mit Kunst möglich sind, finden immer mehr Künstlerinnen und Kunstschaffende Alternativen. In der Stapenhorststraße wird das große Fenster genutzt, in das die abends beleuchtete Galerie wenn schon nicht Eintritt, so doch Einblick gewährt.

Anne Hansen, die auf Umwegen sowohl zu ihrer wahren Berufung als Malerin als auch nach Bielefeld gefunden hat, und ihr Atelier in der Heeper Str. 64 betreibt, hat ihrer Ausstellung den Titel „Übersichtlich“ gegeben.

Schutz, der Zwischenräume gewährt

Die präsentierten Arbeiten sind in Dreiergruppen angeordnet, und auch was die Verwendung der Materialien angeht, herrscht die Zahl Drei vor. Schutz und Bewahrung, Aufrechtes und Ausgesetztes, Stabilität und Zerstörbarkeit, diese Themenfelder bespielt die Reihe „Rost“ und ist damit sowohl aktuell als auch zeitlos.

Das ist nicht nur, wie der von Anne Hansen gewählte Titel nahelegt, übersichtlich, es drängt sich eine weitere Bedeutung auf. Angefangen mit den Schutzschilden, die prominent den Eingang zu bewachen scheinen, während sie gleichzeitig Platz für Zwischenräume lassen.

Denn schließlich gibt es derzeit genug, das Schutz braucht. Vor dem Virus, immer wieder, an erster Stelle, aber auch vor der Vereinsamung, der Vereinzelung, der Verarmung, sowohl materiell als auch geistig. Jedes Konzept, jede Idee, dem Ausschluss von Kultur im öffentlichen Leben zu trotzen, der Vereinzelung etwas entgegenzusetzen, ist deshalb Trost und allein darum wichtig und gut.

Bereichernde Ambivalenz der Ausstellungsstücke

Eine seltsame Ambivalenz entfaltet sich beim Betrachten der Werkgruppen. Sie halten die Betrachterin auf Abstand und ziehen sie doch hinein in ihre Welt und die Offenheit der Aussagen.

Die Körperstudien in Form von Tuschezeichnungen zeigen Figuren, die ebenso in sich ruhend wie auch vereinzelt und auf sich selbst zurückgeworfen sind. In diesem Zustand gehen sie eine berührende Verbindung ein mit den großformatigen Werken an der hinteren Wand, die die Welt hinter der Schildwache erkennen lassen. Eine Welt, die weiter besteht und sich nur bedingt schützen lässt, die ihre Offenheit auch durch diverse Schutzwälle nicht verliert, die einlädt und beängstigt, lebendig ist, in Aufruhr und gleichzeitig beruhigend. Es ist diese Ambivalenz, die sich in einem übersichtlichen Rahmen entfalten kann, die den besonderen Reiz dieser kleinen stimmigen Ausstellung ausmacht, die noch bis Ende Februar Platz für Zwischenräume und sowohl ernste als auch lichte Gedanken bereit hält.

Autor*in: Elke Engelhardt

Schreibt mit nicht nachlassender Begeisterung über Bücher. Ganz selten schreibt sie selbst eins.

2 Gedanken über “Schutz und Widerstand

  1. Die Kunst, die Anne Hansen in dieser durch gute Beleuchtung und gelungene Anordnung der Exponate sehr gut zugänglichen Ausstellung zeigt, vereinigt in herausragender Weise Substanz und Form, ohne sich in vordergründiger Bedeutung und Botschaft zu erschöpfen. Und es ist schön, dass diese ausgezeichnete Ausstellung in einer einfühlsamen und differenzierten Besprechung ihre verdiente Würdigung erfährt! Vielen Dank dafür.

  2. Gern werde auch ich zum “resonanzkörper”:
    Da brennt Licht in Stapenhorst 73.
    Innehalten. Wahrnehmen. Verinnerlichen.
    Innehalten.
    Eine Kunstausstellung? REAL – nicht digital!
    Wahrnehmen.
    Die Vielfalt von Bildern und Techniken machen neugierig. Verführen zum Verweilen.
    Eine Gruppenausstellung? Nein, alles aus einer Hand!
    Vertiefende, vergleichende Betrachtung von Materialität und Motiven / Inhalten.
    Jede Bildergruppe hat ihren Reiz.
    Verinnerlichung.
    Das war kein digitales, sondern ein reales Erlebnis!
    Ein Schatz in dieser Zeit. Eine Bereicherung.
    Dank an die Gestalterinnen.

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