Die Kultur- und Eventbranche steht nach fast einem Jahr Veranstaltungsverbot und anhaltender Planungsunsicherheit mit dem Rücken zur Wand. Und zeigt Gesicht. Mit einer öffentlichkeitswirksamen Plakataktion, die informieren, aufklären, aufrütteln möchte, damit die prekäre Lage eines von der Krise besonders stark betroffenen Wirtschaftszweiges unmissverständlich ans Licht kommt. “Kulturgesichter” heißt die bundesweite Initiative, der sich mit “Kulturgesichter0521” nun auch Bielefeld angeschlossen hat. 171 Menschen, mit Vornamen und Beruf auf den Plakaten genannt, ließen sich stellvertretend für die Branche ablichten.
Das Setting ist einheitlich. Gezeigt werden in allen beteiligten Städten Plakate mit einer Vielzahl von Einzelporträts in schwarz-weiß, die in auffälligem Kontrast zur lebendigen, farbenfrohen, klangvollen Welt der Kultur stehen. Zum Ausdruck kommt dadurch zudem – neben dem bitteren Ernst der Lage – die Vielfalt der Branche.
Sandra Koch, Mitarbeiterin der STRATMANN Event GmbH und eine der Initiatorinnen der Bielefelder Kulturgesichter-Aktion, vermutet, dass viele, die eine Bühnenshow oder ein Konzert besuchen, gar nicht wüssten, welche unterschiedlichen Gewerbe und Gewerke im Hintergrund tätig seien. Entsprechend weit ist der Kreis derjenigen gefasst, die auf den Plakaten Gesicht zeigen. Agenturen, Locations, Musiker*innen, Fotograf*innen, Rigger, Thekenkräfte, Cateringunternehmen sind vertreten, die Hotel- und Floristikbranche, Wäschereibetriebe, Dienstleistende aus Ton- und Lichttechnik, DJs, Securityleute, zahlreiche Solo-Selbstständige.
Mit ihren Mitstreiterinnen von PROVISUELL und dem BIELEFELDER weiß sich Sandra Koch einig in Sachen Frust und Sorge. “Ich vermisse meine Arbeit”, sagt sie, “ich möchte einfach nur endlich wieder meinem Beruf nachgehen.” Wenn sich nicht bald etwas ändert, sieht es allerdings schlecht aus für die Branche. Rücklagen und letzte eiserne Reserven gehen zur Neige, Fachpersonal wandert ab, staatliche Hilfe kommt nicht passgenau an.

#ohneunsistsstill, steht auf den Plakaten der “Kulturgesichter0521”-Aktion, die je nach Sponsoring noch flächendeckender über die Stadt verteilt und als Banner beispielsweise auch an der Stadthalle befestigt werden sollen. Eine lastende, ungute Stille, die von einem Mangel an positiven Reizen erzählt, einem Defizit an gemeinsam geteilter Begeisterung über die Glanzlichter, die Kultur dem Alltag aufzustecken vermag. So schwindet auf Dauer Lebensqualität dahin, nimmt die Attraktivität einer Stadt ab.
Auf all diese Aspekte möchten die plakatierten Gesichter aufmerksam machen, die ein wenig auf die Vorübergehenden schauen, als wären sie zur Fahndung ausgeschrieben. Obwohl sie sich nicht des geringsten Verbrechens schuldig gemacht haben.
Es ist kurzsichtig, dumm und ein gesellschaftliches Armutszeugnis sondergleichen, die Branche im Stich zu lassen. Es könnte doch sein, dass einmal händeringend nach Menschen gesucht wird, die überhaupt noch bereit sind, im kulturellen Sektor zu arbeiten.
