Ein Bach für alle Fälle

War J.S. Bach womöglich der erste Jazz-Musiker aller Zeiten? Olaf Kordes, Wolfgang Tetzlaff und Karl Godejohann (v.l.) traten beim 7. Haller Musiksommer an zum Beweis. (Foto: Antje Doßmann)

Beim 7. Haller Musiksommer präsentierte das Jazztrio Kordes-Tetzlaff-Godejohann sein aktuelles Programm. “Ein Jazz-Bach für Herz-Jesu” unterstrich einmal mehr die Klasse dieser Band, die zuletzt mit der Easter-Suite begeistert hatte, wodurch man auch in Halle auf sie aufmerksam geworden war.

Mit den Bach-Improvisationen, die im Mittelpunkt der neuen Suite stehen, konnten Olaf Kordes, Wolfgang Tetzlaff und Karl Godejohann hervorragend unter Beweis stellen, was ihr durchdachtes musikalisches Konzept auszeichnet: Virtuoses Spiel, originelle Arrangements, erfrischende Unterhaltsamkeit. Konzerte dieses Trios sind einfach zuverlässig eine runde Sache. Und es macht immensen Spaß, den dreien zuzuhören, sie in ihrer Individualität zu erleben und zugleich im feinabgestimmten Zusammenspiel.

Da ist zum einen Olaf Kordes am Piano, ohne Frage das Epizentrum der Jazz-Gang. Einer, der auch im Sitzen ein tänzelndes Bündel aus purer Energie ist und die Tasten bearbeiten kann, bis es ihn schier hochreißt von seinem Hocker. Aber auch einer, die sich auf sanfte, leise Töne versteht und als Conférencier immer wieder seinen hintergründigen Humor erkennen lässt.

Dann Wolfgang Tetzlaff am Kontrabass, ganz bei sich und dennoch hoch aufmerksam, gemütvoller, seelenruhiger Fels in der Brandung, egal, wie hoch der Bach auch um ihn wogt. Und schließlich Karl Godejohann hinter seinen Drums, wie immer ein präziser Schlagwerker mit sicherem Timing und ansteckender Lust an gelegentlicher trommelwirbelnder Solo-Einlage.

Diese drei also. Eine Besetzung nach Maß für die verjazzten Bach-Interpretationen eines Jacques Loussier, der ja mit seinem Play Bach Trio in ebenjener Formation (Piano, Bass, Schlagzeug) auftrat. Von dem französischen Pianisten standen an dem Abend in der Haller Herz-Jesu-Kirche zwei Bach-Arrangements auf dem Programm. Drei weitere stammten aus der Feder des kanadischen Kollegen Oscar Peterson.

Erstaunlich und absolut bezwingend, wieviel Jazz Loussier aus den Brandenburgischen Konzerten, Peterson aus Bachs Präludien zauberte. Daneben begeisterte das Trio mit eigenen Kompositionen bzw. Arrangements von Olaf Kordes. Alles locker verbunden über den Kunstgriff, den Namen Bach buchstäblich zu nehmen. Weshalb die Einzelteile der Suite so launige Titel trugen wie “Johann und Oscar an der Quelle”, “Ein Kurfürst macht Urlaub”, “Schmuggler” oder “Stromschnellen”.

Vom ruhigen Rinnsal bis zum reißenden Sturzbach war tempo- und stimmungsmäßig alles drin in diesem großartigen Konzert. Als Zugabe Charles Trenets “La mer”, von Kordes “legitimiert” mit dem Hinweis, dass die Bäche der Gegend in die Ems fließen und diese erwiesenermaßen in die Nordsee münden würde. Und wenn schon alles den Bach runtergehen muss, dann bitte mit dem Charme und dem Können dieses Trios!

Antje Doßmann

Autor*in: Antje Doßmann

Die Antje...kann über gelungene Kunst-Taten ins Schwärmen geraten, und dann rette sich von ihr aus wer will. Den anderen wünscht sie beim Lesen ein heißes Herz und einen kühlen Kopf.