Es ist ein sommerlicher Freitagnachmittag, Postfilialen bereiten sich aufs Schließen vor. Scharen von Menschen streben einem Platz am Rande der Innenstadt entgegen, sie haben sehr umsichtig an Sonnenbrillen gedacht, einige haben Picknickdecken eingepackt. Der Gütersloher Dreiecksplatz ist ihr Ziel. Bis zum September werden sich allwöchentlich zur ungewöhnlichen vorabendlichen Stunde auf dem Podest inmitten des Rasens regionale Rockgrößen, in hiesigen Jazzclubs und „Honkytonks“ geschmiedete Talente, begnadete Saitenzupfer und Einhandjongleure mit ihrem Unterhaltungsprogramm vorstellen.
Der Artikeleinstieg legt es nahe: dieser Beitrag ist Teil einer Rubrik. Sie behandelt Dinge, die sich (regelmäßig) an einem Freitag in der Stadt ereignen, ihre Macher und Anhänger, und was es sonst noch dazu zu berichten gibt. (wir hatten es begonnen mit dem Theaterbericht "Auf dem Kesselbrink".) Vielleicht muss es nicht einmal immer "Freitags in Bielefeld" heißen, wir gingen auch gern mal auf Fahrt und brächten "Freitags in Gütersloh", "... Herford", "...Lemgo", wo auch immer in der Region, und sind jederzeit für Vorschläge offen.

Der gelegentliche Besucher aus der Nachbarstadt wundert sich, dieses Phänomen nun schon im zwölften Jahr beobachten zu können: die Idee der Kulturgemeinschaft Dreiecksplatz, die mit einem spezialisierten Organisationsteam mittlerweile nicht nur für Aufbau und einen Aushang vor Ort, sondern auch für ein umfangreiches Programmheft sorgt, wirkt immer noch frisch und mutig, während die Zeit den Beobachter überrollt.
Zwölf Sommer Freitags um achtzehn Uhr
Stumpf und matt ist die Oberfläche der zur Erinnerung herangezogenen Allwissenden Billardkugel geworden, die aufs Schütteln hin immer langsamer und nur widerwillig einen mit immer schwindelerregenderen Zahlen garnierten Faktensalat preisgibt. Doch, da kommt was: PAUSE. Pause? ja, nächsten Freitag ist die Bühne etwas größer als das 4m2-Podest, das irgendeinen Gedenkstein oder Wasseranschluss überdeckt, und es fängt später an, als Ausklang der heute, am 8.08.2022 beginnenden “Woche der kleinen Künste”. Wir schütteln nochmal: “22”. Das ist die laufende Nummer dieser Veranstaltung, die zum Stadtjubiläum 2000 zu ersten Mal stattfand. Der vorher hauptsächlich mit Rhododendron-Gebüschen und Mäuerchen gefüllte Platz war ins moderne Format eingeebnet worden, rund 500 Besucher*innen (die ungefähre Anzahl heute bei einem Freitag18-Event) kamen jeden Tag, um ein gemischtes Programm mitzuerleben.

Eins der beliebtesten Open Air-Events der Region
Erstaunlicherweise erst in den letzten Jahren ist der Platz Teil einer “Gastronomiemeile” geworden, damals war er noch gesäumt von Einzelhandelsgeschäften. Eins davon die “Musikgalerie”, dessen Inhaber Volker Wilmking bis 2012 zum Motor hinter den immer größer werdenden Veranstaltungen der “Woche” wurde. Stargäste wie Joan Armatrading, Barbara Dennerlein, das Ukulele Orchestra Of Great Britain oder Clown Jango Edwards gaben sich die Ehre. Ungefähr jeder britische Blues- und Jazzorganist aus der Beatära lieferte begeisternde Auftritte. Seit 2013 präsentiert Hans-Hermann Strandt, Vorsteher der veranstaltenden Kulturgemeinschaft die Abende.

Was passiert eigentlich, wenn es regnet? Man sitzt es aus und nimmt danach das Programm wieder auf. Das hat allermeistens funktioniert. Freitag18 allerdings muss dann ausfallen. Ein Ausweichquartier war kompliziert zu beschaffen oder dem Publikum zu schwer schmackhaft zu machen. Wobei unlängst für den Auftritt des aus Köln angereisten Quichotte, Träger des Deutschen Kabarettpreises, für den Notfall die Apostelkirche vorgesehen war.

Sommers Open-Air, winters Kirche
Die Kirchen der Innenstadt werden unter Regie der Dreiecksplatz-Macher seit 2020 (mit den bekannten Anlaufschwierigkeiten) auch zur Konzertbühne für Künstler , die sich im favorisierten “abseits vom Mainstream”-Zuschnitt bewährt haben, etwa Pianist Jacob Karlzon als Begleiter der Sängerin Lisa Bassenge, oder die bereits erwähnte Münchner Jazzorganistin mit ihrem Kirchenorgel-Crossover.

Kein Konkurrenzgerangel gibt es zwischen der Kulturgemeinschaft und den städtischen Kulturräumen, welche die Reihe “Jazz in Gütersloh” ausrichten. Strandt ist auf jeder dieser Veranstaltungen im Publikum zu finden, das nächste Konzert der Jazzreihe mit dem bereits auf der Woche der kleinen Künste präsentierten Duo Siyou’n’Hell (Hellmut Hattler und Siyou Ngnoubamdjum) wird am 25.09. in der Martin Luther-Kirche stattfinden. Einmal die Straße hoch vom Dreiecksplatz, wo sich jeden Freitagabend die Versammlung nach einer Stunde ins Wochenende zerstreut, ein beschwingter Start, der womöglich andere Vergnügungen, die nicht vorher geplant waren, nach sich zieht. Weil, viel zu erzählen hatte man sich ja auch…